Fast 15 % der Menschen sind/waren schon von einer Angststörung betroffen. Sie äußert sich in verschiedenen Formen: Angst vor der
Zukunft, gesellschaftlichen Situationen,
Menschenmengen, engen Fahrstühlen, Tieren etc.. Bei einer Panikattacke kommt meist noch die Angst zu Sterben hinzu. Oft suchen sich Betroffene aus Scham keine
Hilfe. Die Angst vor der Angst bestimmt das Leben, die Symptome
nehmen zu, die Lebensqualität nimmt stetig ab … ein Teufelskreis
beginnt.

 

Klassisch für alle Angststörungen ist ein stark ausgeprägtes Vermei-dungsverhalten (außer bei den Panikattacken). Man versucht krampfhaft die angstauslösenden Situationen, Orte oder Menschen zu meiden um nicht wieder eine Angstattacke auszulösen. Je mehr man jedoch

versucht zu vermeiden, desto mehr taucht die Angst auf und schränkt enorm in der Lebensqualität ein. Man geht bestimmten Freizeitaktivitäten nicht mehr nach, fliegt nicht mehr in Urlaub, vermeidet bestimmte berufliche Situationen etc.. Die Angst kann sich dann auf immer mehr Lebensbereiche und -situationen ausweiten.

 

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Man unterscheidet zwischen folgenden Symptomatiken:

 

1.) Agoraphobie (Platzangst) mit/ohne Panikattacken

ausgeprägten Angst und Meidung von Orten und Situationen, aus denen man nicht schnell flüchten kann. Meist sind dies Orte, an denen es schwierig wäre, einen Arzt herbeizuholen oder Situationen, in denen man befürchtet, nicht schnell genug heraus zu kommen oder peinliches Aufsehen zu erregen, wenn man wegen einer Panikattacke Hilfe benötigt:

  • Menschenmengen
  • öffentliche Plätze
  • Reisen über weite Entfernungen oder alleine verreisen
  • in einer Schlange stehen
  • Fahrstuhl, Bus, Auto, Flugzeug etc.
    -> Ausgeprägtes Vermeidungsverhalten

In schweren Fällen können die Betroffenen ihr sicheres gewohntes Umfeld kaum noch allein verlassen und sind an das Haus gebunden.

Mit Panikstörung:

Schwere körperliche Symptome und Ängste kommen hinzu.

 

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2.) Soziale Phobie

Extreme Form der Schüchternheit.

Angst, von Mitmenschen kritisch betrachtet oder beobachtet zu werden. Erröten, Zittern, Angst zu Erbrechen oder Toilettendrang

  • in einer Situation zu sein, in der alle Blicke auf einen gerichtet sind (eine Rede halten, ein Gedicht aufzusagen oder ein Lied vor anderen zu singen)
  • sich in einer Unterrichtsstunde melden oder etwas an die Tafel schreiben
  • eine Prüfung ablegen
  • Behördengänge, Arztbesuche
  • mit einem Vorgesetzten sprechen
  • sich in einem Streitgespräch gegenüber anderen durchsetzen
  • in einem Restaurant / in der Kantine essen
  • im Beisein anderer Menschen zu telefonieren
  • einen Fremden ansprechen
  • sich zu einer Verabredung treffen
  • eine Frau/einen Mann kennen zu lernen

-> Ausgeprägtes Vermeidungsverhalten

 

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3.) Spezifische Phobie

Furcht vor Objekten oder Situationen, die i.d.R. ungefährlich oder

harmlos sind.

  • Tiere (Hunde, Katzen, Mäuse)
  • Insekten (Wespen, Spinnen)
  • Höhenphobie
  • Blut- und Verletzungsphobien (Angst vor Spritzen, Blut, Scheren etc.)
  • etc.

Leichtes Unbehagen bis hin zur panischen Angst. Die Betroffenen wissen, dass ihre Angst meist unbegründet ist

 

-> Ausgeprägtes Vermeidungsverhalten

 

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4.) Panikstörung

wiederkehrende schwere Angstanfälle mit heftigen körperlichen und psychischen Symptomen:

Atemnot, Benommenheit, Gefühl in Ohnmacht zu fallen, weiche Knie, Schwindel, Herzklopfen, unregelmäßiger Herzschlag, Zittern, Schwitzen, Erstickungsgefühle, Engegefühl im Hals, Übelkeit, Bauchbeschwerden, Gefühle der Unwirklichkeit, nicht da zu sein, Hitzewallungen oder Kälteschauer, Schmerzen, Druck oder Enge in der Brust, Angst, zu sterben, die Kontrolle zu verlieren, wahnsinnig zu werden, Taubheits- oder Kribbelgefühle

  • Attacke dauert wenige Minuten bis im Extremfall einige Stunden, oft nicht länger als 30 Min.
  • die Attacken treten mehrfach täglich bis monatlich auf
  • ständige Angst vor der nächsten Attacke (Angst vor der Angst)
  • Panikattacken können völlig überraschend entstehen (z.B. auch in Ruhe vor dem Fernseher)
  • In ca. 2/3 der Fälle ist die Panikstörung mit einer Agoraphobie (auch Platzangst genannt) verbunden

    -> Vermeidungsverhalten nur in Verbindung mit einer Agoraphobie, da bei einer reinen Panikstörung die Anfälle völlig unabhängig von Orten oder Situationen auftreten und man somit nie weiß, wann und wo die nächste Attacke stattfindet

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5.) Generalisierte Angststörung

Anhaltende Sorgen und Ängste, nicht auf spezifische Situationen beschränkt. Übersteigerte Furch vor Unfällen, Krankheiten, Todesfällen etc. (auch bei Familienmitgliedern, Verwandten, Freunden etc.).

 

Innere Unruhe, Nervosität, Anspannung, häufig Schlafstörungen. Herzrasen, Zittern, Ruhelosigkeit, Schwitzen, kalte und feuchte Hände, Mundtrocken- heit, Übelkeit, "Kloßgefühl" im Hals, Muskelverspannungen im Rücken.

  • Das Gefühl einer nahenden Katastrophe
  • Angstsymptome treten einzeln über den Tag verteilt auf
    (bei der Panikstörung zeigen sich alle gleichzeitig!)
  • Die Abgrenzung zu Depressionen fällt oft schwer
    -> Ausgeprägtes Vermeidungsverhalten

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Um eine klassische Angst- oder Panikstörung auszulösen, müssen immer drei Faktoren zusammen kommen:

1.) eine gewisse Anfälligkeit, z.B.

- hohe Stressempfindlichkeit
- Erziehungseinflüsse (z.B. ein angstbeladenes Elternhaus)
- belastende Situationen in der Kindheit (Traumata etc.)
- genetische Faktoren (Angst-Gene)

- Ungleichgewicht von Botenstoffen (Serotonien etc.)

- etc.

 

 2.) ein oder mehrere Auslöser

meist belastende Lebensumstände wie z.B.

  • Unfall oder Krankheit
  • Verlust des Partners, Auszug der Kinder
  • Kündigung oder andere große Veränderungen im Leben (Ruhestand)
  • ein peinliches Erlebnis das mit starken körperlichen Reaktionen
    einhergegangen ist (Erröten, Schwitzen, Zittern, Herzrasen etc.)
  • Ereignisse, die Freunden oder Bekannten widerfahren sind, aber bei
    einem selbst große Angst und Besorgnis auslösen können
  • tägliche Belastungen, die über einen langen Zeitraum allmählich an
    die Substanz gehen
  • - etc.

 

 3.) die Aufrechterhaltung (Angstkreislauf)

       Nicht jede Angstreaktion löst eine Angsterkrankung aus. Es müssen
       weitere Ursachen hinzukommen, die die Angststörung aufrechterhalten
       und eine Besserung verhindern. Vermeidungsverhalten und
       Angstgedanken geben der Angst immer mehr Macht, es entsteht ein
       Teufelskreis:

  • es entwickelt sich eine Sensibilität für die Signale (kleinste körperliche Veränderungen genügen!)
  • die kleinste Unregelmäßigkeit (z.B. im Herzschlag) wird sofort wahrgenommen und mit Gefahr verknüpft („katastrophisierende Gedanken“)
  • Der Herzschlag wird noch schneller, auch andere körperliche Reaktionen verstärken sich
  • dies wird als Bestätigung dafür gewertet, dass etwas wirklich nicht in Ordnung und darum gefährlich ist
  • die Katastrophengedanken nehmen zu, damit auch die Überzeugung, dass etwas nicht stimmt
  • die Angst wird noch grösser, die körperlichen Symptome noch stärker, die Gedanken an Gefahr und Bedrohung noch mächtiger
  • der Kreislauf schließt sich, es werden immer mehr körperliche Symptome bewusst wahrgenommen und als Gefahr interpretiert

Der Angstkreislauf wiederholt sich stetig und die Symptome verstärken sich. Die Angst-Spirale dreht sich immer weiter. Die "Angst vor der Angst" nimmt zu und sorgt dafür, dass die Angststörung sich immer mehr festigt.

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Von einer Konditionierung der Angst spricht man, wenn ein

  • ursprünglich neutraler Reiz (z.B. ein Tunnel)
  • mit einem natürlichen (äußeren) Reiz (z.B. ein Unfall im Tunnel) in Verbindung gebracht wird.

Für eine klassische Konditionierung reicht in Zukunft schon der Tunnel aus um Angstgefühle zu erzeugen. Um diesen Ängsten aus dem Weg zu gehen, wird jeder Tunnel gemieden. Es entwickelt sich ein für die Angst typisches Vermeidungsverhalten.

 

Von einer Reiz-Generalisierung spricht man, wenn ähnliche Reize die gleiche Reaktion auslösen, wie z.B. ein Tier mit einem Fell und eine Fellmütze (Little-Albert-Experiment).

 

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Wenn du etwas stärken willst,

bekämpfe es!

Milton H. Erickson

 


Angst und Panikattacken


 

Diagnostische Unterteilung nach ICD10 (Codierung)

  • Agoraphobie (Platzangst)
    mit/ohne Panikattacken (F40.0)
  • Soziale Phobie (F40.1)
  • Spezifische Phobie (F40.2)
  • Panikstörung (F41.0)
  • Generalisierte Angststörung (F41.1)
  • Angst und Depression gemischt (F41.2)

 

 

 

 

 

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Angstkurve

Eine klassische Angstattacke verläuft immer nach einem gewissen Schema. Zuerst baut sich die Angst für den Betroffenen bis ins Unermessliche auf bis sie nach einer gewissen Zeit ganz von selbst nachlässt und dann ganz verebbt. Der Höhepunkt wird meist bei 15 - 20 Minuten erreicht.

 

Angstkreislauf


 

 

Praxis für Psychotherapie (HPG) & Coaching
Lucia Völlinger

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